Ist der Sozialstaat zu teuer? Ministerin Bas: Bullshit! – WAZ | Westdeutsche Allgemeine Zeitung


Während tausende Menschen in der Gelsenkirchener Innenstadt am Wochenende den 150. Geburtstag feierten, kamen im hiesigen Wissenschaftspark 150 Jungsozialisten mit Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) und mit Andrea Henze, der SPD-Oberbürgermeisterkandidatin, zur Juso-Landeskonferenz zusammen. Neben den anstehenden Kommunalwahlen in NRW ging es dabei auch um Bundespolitik. So kritisierte Bärbel Bas eine in ihren Augen dramatisierende Debatte über die Kosten der sozialen Sicherungssysteme. „Diese Debatte gerade, dass wir uns diese Sozialversicherungssysteme und diesen Sozialstaat finanziell nicht mehr leisten können, ist – und da entschuldige ich mich jetzt schon für den Ausdruck – Bullshit“.
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Der Sozialstaat trage zum sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft bei. Bas betonte gleichzeitig die Notwendigkeit von Reformen. Man müsse bei Gesundheitsversorgung, Pflege und Rente ein stabiles System finden, insbesondere für die nächsten Generationen. Was man erreicht habe, müsse man verteidigen. „Aber wir müssen auch Ideen entwickeln, wie wir uns dieses System vorstellen in Zukunft.“
Es sei wichtig, darüber zu debattieren, wer in Zukunft in die gesetzlichen Systeme einzahle, sagte Bas. Es könne nicht sein, dass die, die reich sind und ohnehin nicht in die gesetzlichen Systeme einzahlten, dann aber „darüber schwadronieren, dass wir uns das alles nicht mehr leisten können“.
Bundeskanzler Friedrich Merz hatte zuvor die Notwendigkeit von Sozialreformen unter anderem mit hohen Kosten begründet. „So wie es jetzt ist, insbesondere im sogenannten Bürgergeld, kann es nicht bleiben und wird es auch nicht bleiben“, sagte der CDU-Vorsitzende am Samstag beim Landesparteitag der nordrhein-westfälischen CDU in Bonn. Das werde auch Einschnitte bedeuten. Man könne sich das System, das man heute habe, mit dem Erwirtschafteten einfach nicht mehr leisten. „Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse.“
Den Jusos in Gelsenkirchen stießen diese Aussagen bitter auf. Sie forderten: „Schluss mit dem Gerede über einen Sozialstaat, den wir uns nicht mehr leisten können. Was wir uns nicht leisten können, sind verschuldete und marode Kommunen, sind Kinder in Armut und sind immer mehr Multimillionärinnen.“
Dabei ist es nicht so, als würde sich die SPD selbst gewissen Verschärfungen beim Bürgergeld zum Beispiel verschließen, wie Co-Parteichef und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil in einem TV-Interview deutlich machte. So sollten bei Totalverweigerern der Druck deutlich hochgefahren und Sanktionen geschärft werden. Er habe allein aus Gerechtigkeitsempfinden die Erwartung, dass man sich anstrenge. Ein Riegel vorgeschoben werden solle auch, wenn man beim Schwarzarbeiten erwischt wird. „Es ist unanständig, wenn jemand Bürgergeld bekommt, schwarz arbeitet, sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichert“, sagte Klingbeil.
Die Landeskonferenz der NRW-Jusos fand derweil nicht zufällig in Gelsenkirchen statt. Bei der Bundestagswahl gewann die AfD hier nach Zweitstimmen ihren einzigen Wahlkreis in NRW. Die Jugendorganisation der SPD wollte deshalb mit ihrer Standortwahl ein Zeichen gegen rechts setzen. (mit dpa)
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