
Es ist eine Gelsenkirchener Lebens-Geschichte, die traurig macht: Anfang des Jahres stirbt Björn „Bördi“ Nowak, nachdem er zuvor jahrelang auf der Straße und mit seiner Sucht gelebt hat. Das zehrende Leben ohne Obdach ist eine der Ursachen für seinen Tod, darüber hinaus auch sein polytoxischer Drogenkonsum – Alkohol und die ganz harten Sachen. Doch im Gegensatz zu so vielen tragischen Lebens-Geschichten dieser Art, blieb Bördis Schicksal nicht unbemerkt und hat sogar viele Menschen bewegt. Und noch mehr: Sein Tod hat nun zu einer besonderen Initiative geführt.
Gemeinsam mit dem Verein Arzt Mobil hat die Propsteipfarrei St. Augustinus jetzt eine Gedenkplatte mit der Inschrift „Plötzlich tot – ewig in Erinnerung“ verlegt, genau dort, wo Bördi seinen Stammplatz hatte: vor der Aldi-Filiale an der Klosterstraße in der Innenstadt. Hier kam er mit den Menschen ins Gespräch, bat um Geld oder Essen, viele kannten ihn, nicht nur aus der Obdachlosen-Szene. Bördi war vielen ans Herz gewachsen – ein kleiner Nachruf an die Mauer geschrieben über der Gedenktafel zeugt davon: „Hier saß, so gut wie lebenslang, mein Freund Birdie! Wir vermissen dich!“
Nachdem Bördi gestorben war, entstand der Wunsch, einen lokalen Gedenkort nicht nur für den Bueraner zu schaffen, sondern eben auch für alle anderen, die am Rande dieser Gesellschaft leben und an denen häufig vorbeigeschaut wird. „Ziel der Aktion ist darüber hinaus, Aufmerksamkeit für das Problem zu schaffen, die Lücken, die diese Menschen hinterlassen, durch die Gedenkplatte sichtbar zu machen, an die Würde jedes einzelnen Menschen zu erinnern und die Erinnerung an sie wach zu halten“, heißt es seitens der Propsteipfarrei St. Augustinus.
Bereits im September 2024 konnte die WAZ Bördi kennenlernen, er war bereit, uns von seinem Leben auf der Straße zu erzählen. Es war ein guter Tag, damals, so sagte er – es gab in diesen Zeiten noch viel schlechtere in seinem Leben. Dass er auch mal ohne Rausch geführt hatte, als er sein Fachabi gemacht und eigentlich andere Ziele hatte.
Zuletzt, und das machte wirklich betroffen, steckte Bördis ganzes Leben in einem einzigen Reisetrolley: Ein paar Kleidungsstücke, eine Decke, einen Schlafsack, viel mehr besaß er nicht. „Ich habe mein Bett immer dabei“, sagte er damals noch ein wenig scherzhaft. Und diesen ernsten Satz, mit einem leichten Schulterzucken: „Auf der Straße is‘ schon einsam.“
Karin Schneider von Arzt Mobil sieht die Gedenktafel auch als ein Zeichen der Wertschätzung – nicht nur Bördi gegenüber. Das macht sie an einer ganz simplen Sache fest: „Dass die Tafel sehr wertig aussieht und gestaltet ist.“ Eigentlich sei das Thema „Leben auf der Straße“ ja eines, was mit vielen Berührungsängsten verbunden ist, umso wichtiger sei es da, es mit Respekt und wertschätzend in die Breite der Gesellschaft zu tragen.
Doch die Tafel erinnert nicht nur an die Menschen selbst, sondern auch an ihre Würde – „und daran, dass jedes Leben zählt“, heißt es seitens der Propsteipfarrei weiter. Während der Verlegung der Gedenktafel erinnerte Propst Markus Pottbäcker an die „unverlierbare Würde jedes Menschen“ – und mahnte gerade im Zusammenhang mit der aktuellen „Stadtbild-Diskussion“ an, niemandem diese Würde abzusprechen.
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