
Stellv. Red.-Leiter
Gelsenkirchen. Der 1. Mai wird in Gelsenkirchen dieses Jahr extrem. Jetzt ist klar, welche Gegendemos gegen den Aufmarsch der NPD-Nachfolgepartei geplant sind.
Auf Gelsenkirchen kommt ein Ausnahme-Maifeiertag zu: Nachdem die rechtsextreme und neonazistische Partei „Die Heimat“ (ehemals NPD) für den 1. Mai eine Kundgebung angemeldet hat, formiert sich nun der Gegenprotest. Parallel zum traditionellen Programm des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und parallel zur Demo der Rechtsextremen findet eine Kundgebung mit dem Titel „Alle zusammen gegen den Faschismus“ statt. Am Nachmittag folgt außerdem eine Schlusskundgebung am Heinrich-König-Platz.
Zunächst zum bewährten Programm des DGB: Auf dem Margarethe-Zingler-Platz beginnt um 9.30 Uhr eine interreligiöse Andacht, organisiert von verschiedenen Glaubensgemeinschaften. Um 10.15 Uhr ist dort eine erste Demonstration geplant. Weiter geht es um 11 Uhr am Musikpavillon im Stadtgarten mit einer Kundgebung. Als Promi-Gast ist dieses Mal Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen) mit dabei, die NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. Sprechen sollen außerdem Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) sowie die OB-Kandidatinnen von CDU (Laura Rosen) und SPD (Andrea Henze).
Das Motto der Mai-Kundgebung ist dieses Mal „Mach dich stark mit uns!“, die Gewerkschaften fordern in ihrem Demo-Aufruf ein stabiles Rentenniveau von 48 Prozent, eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und einen nationalen Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung.
Bis 16 Uhr läuft im Stadtgarten im Anschluss an die Kundgebung das große Familienfest der Gewerkschaften. Die Falken bieten verschiedene spielerische Attraktionen. Kinder sollen mit Ballontieren und Wortakrobatik glücklich gemacht werden. Geplant sind Musik und Infostände, stärken kann man sich bei Speisen und Getränken. Um 14 Uhr startet eine Show für Kinder mit dem Zirkus Pompitz.
Während im Stadtgarten familienfreundlich gefeiert wird, werden rund um die Bahnhofstraße Welten aufeinanderprallen: Die Versammlung der „Heimat“ und ihrer Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ mit dem Titel „Arbeit – Freiheit – Remigration“ soll um 12 Uhr am Bahnhofvorplatz starten. Erwartet werden etwa 150 Teilnehmer. Ob und wohin die Demonstranten marschieren werden, steht noch nicht fest.
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Die Versammlung findet genau zehn Jahre später statt, nachdem die Partei „Die Rechte“ versuchte, von Essen-Steele über Kray nach Gelsenkirchen-Rotthausen zu ziehen. Damals formierte sich ebenfalls großer Protest gegen die Veranstaltung, die Rechten schafften es damals nicht nach Gelsenkirchen.
Rechtsextreme Gruppen greifen mit derartigen Protestveranstaltungen die propagandistische Umdeutung des 1. Mai auf, wie sie 1933 von den Nationalsozialisten begangen wurde. Damals erklärten die Nazis den 1. Mai zum „Ehrentag der Nationalen Arbeit“. Im Anschluss besetzen SA-Trupps die Gewerkschaftshäuser, verhafteten Mitarbeitende und beschlagnahmten ihr Vermögen. Parteien wie SPD und KPD sowie Gewerkschaften und die Arbeiterwohlfahrt wurden verboten.
Während erwartet wird, dass sich auch Teilnehmende der DGB-Kundgebung deutlich gegen die rechtsextreme Veranstaltung positionieren werden, startet um 11.15 Uhr eine explizite Gegendemonstration mit dem Titel „Alle zusammen gegen den Faschismus”, ebenfalls in Nähe des Bahnhofsvorplatzes. Angemeldet wurde die Demonstration vom AUF-Stadtverordneten Jan Specht. Die Wählergruppe gehört zum Umfeld der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschland (MLPD), die in Gelsenkirchen-Horst bekanntlich ihre Bundesparteizentrale hat.
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Nach der Kundgebung soll ein Demozug durch die City folgen, über die Route Bahnhofsvorplatz, Husemannstraße, Vattmannstraße, Von-Oven-Straße, Hansemannstraße, Hauptstraße, Im Lörenkamp, Kirchstraße, Neumarkt mit dem Zielpunkt Heinrich-König-Platz.
Hier soll dann ab 14 Uhr eine große Abschlusskundgebung vom „Gelsenkirchener Aktionsbündnis gegen Rassismus und Ausgrenzung” stattfinden. Geplant ist nach Angaben der Veranstalter ein „buntes Programm aus Wort- und Musikbeiträgen“. Angemeldet wurde die Kundgebung von Adrianna Gorczyk, die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen in Gelsenkirchen ist und auch bei den vergangenen Veranstaltungen des Aktionsbündnisses als Versammlungsleiterin in Erscheinung trat. Nach Polizeiangaben sind rund 2000 Teilnehmer angemeldet worden.
Das Aktionsbündnis ist ein Zusammenschluss verschiedener Organisationen, Parteien und Einzelpersonen. Dazu gehören unter anderem die Schalker Fan-Initiative, die DGB-Jugend, das Klimakollektiv, das Friedensforum Gelsenkirchen, die evangelische Kirche sowie die Grünen, die SPD und die Linkspartei – inklusive derer Jugendorganisationen.
Nach Informationen der Polizei wurden für den 1. Mai insgesamt neun Versammlungen in Gelsenkirchen angemeldet, wovon sieben im Zusammenhang mit der rechtsextremen Demonstration stehen. Dass es tatsächlich zu so vielen Veranstaltungen kommt, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Nach Informationen unserer Redaktion haben mehrere Gegendemonstranten vorsorglich Veranstaltungen an verschiedenen Stellen angemeldet, um sich der „Heimat“ bestmöglich gegenüberstellen zu können.
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