Hebesätze für Grundsteuer: Kein Rabatt für Wohngrundstücke – Beck.de


Die Städte Bochum, Essen, Dortmund und Gelsenkirchen haben höhere Grundsteuerhebesätze für Nichtwohngrundstücke festgelegt. Das soll die Wohnnebenkosten auf einem niedrigen Niveau halten. Einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit nennt es das VG Gelsenkirchen.

Geklagt hatten die Eigentümer von Grundstücken in den jeweiligen Städten. Die Grundstücke hatten die Finanzämter jeweils im Grundsteuerwertbescheid – für das VG bindend – als Nichtwohngrundstück eingeordnet. Es handelt sich um Geschäfts-/Gewerbegrundstücke und um unbebaute Grundstücke. 
Alle Städte haben per Satzung für die Grundsteuer B in 2025 unterschiedliche Hebesätze für „Wohngrundstücke“ und „Nichtwohngrundstücke“ vorgeschrieben. „Wohngrundstücke“ in diesem Sinn sind Grundstücke mit Einfamilien- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum. Die Städte wollen durch die differenzierten Hebesätze unter anderem die Wohnnebenkosten aus sozial- und gesellschaftspolitischen Gründen reduzieren oder zumindest auf dem bisherigen Niveau halten. Die dadurch verminderten Grundsteuereinnahmen sollten die höheren Hebesätze für Nichtwohngrundstücke ausgleichen. Die Eigentümer der Nichtwohngrundstücke sehen sich ungerechtfertigt benachteiligt.
Das VG gibt ihnen recht und hat die betreffenden Grundsteuerbescheide aufgehoben – wegen Verstoßes gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit (Urteile vom 04.12.2025 – 5 K 2074/25 [Essen], 5 K 3234/25 [Bochum]), 5 K 3699/25 [Dortmund]), 5 K 5238/25 [Gelsenkirchen]). Sie benachteiligten die Eigentümer von Nichtwohngrundstücken ohne rechtlich tragfähigen Grund gegenüber den Eigentümern von Wohngrundstücken. Bei dem gleichen Steuergegenstand sind laut Gericht einheitliche Hebesätze steuergerecht. Abweichungen durch unterschiedliche Hebesätze müssten gerechtfertigt werden. Rein fiskalische Gründe reichten dafür nicht aus.
Wenn eine Gemeinde von einem einheitlichen Hebesatz nach unten abweiche, um Wohngrundstücke durch niedrigere Hebesätze zu privilegieren, könne das sachlich durch Gemeinwohlzwecke gerechtfertigt sein, wenn sie damit einen Anstieg der Wohnkosten vermeiden wolle. Das VG sieht aber keine sachlichen Gründe für Abweichungen von einem einheitlichen Hebesatz nach oben durch höhere Hebesätze für Nichtwohngrundstücke. Diese dienten dazu, das Gesamtaufkommen der Grundsteuer für die Gemeinden nicht deutlich unter das Vorjahresaufkommen sinken zu lassen, wenn der Hebesatz für Wohngrundstücke niedriger bestimmt wurde. Dieser rein fiskalische Zweck eignet sich nicht als Rechtfertigung für die erhöhten Hebesätze zulasten der Nichtwohngrundstücke.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat die Berufung bei dem OVG Müsnter und die Sprungrevision bei dem BVerwG zugelassen.
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.12.2025 – 5 K 2074/25
Redaktion beck-aktuell, bw, 5. Dezember 2025.

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