
Stand: 04.12.2025 12:36 Uhr
Am Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen ist am Donnerstag ein richtungsweisendes Urteil zur Grundsteuerreform in NRW gefallen. Das Gericht sagt, dass höhere Grundsteuer-Hebesätze für Gewerbe-Eigentümer nicht korrekt sind.
Grundsteuerreform. Allein das Wort lässt den Puls vieler Grundstücksbesitzer seit einigen Jahren nach oben schnellen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts musste jedes Grundstück in Deutschland neu bewertet werden, die Grundsteuer wurde Anfang 2025 entsprechend angepasst. Der Hintergrund: Die Werte der Grundstücke haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert.
In NRW hat der Landtag Mitte 2024 ein Gesetz zur Grundsteuerreform beschlossen. Ein zentraler Punkt: Kommunen können differenzierte Hebesätze ansetzen. Das heißt konkret, dass sie Grundstücke mit Gewerbe anders besteuern dürfen als Wohngrundstücke.
In Dortmund zum Beispiel lag der Hebesatz für die Grundsteuer 2024 einheitlich bei 610 Prozent, egal wie das Grundstück genutzt wurde. Seit 2025 zahlen Besitzer von Wohngrundstücken einen Hebesatz von 625 Prozent, Besitzer von Gewerbegrundstücken dagegen 1245 Prozent.
Der Betreiber eines Einkaufszentrums in Dortmund wollte sich das nicht gefallen lassen, er fühlte sich durch die unterschiedlichen Hebesätze ungerechtfertigt benachteiligt. Ebenso drei weitere Kläger aus Gelsenkirchen, Bochum und Essen, alle ebenfalls Besitzer von Gewerbegrundstücken. Sie sind deshalb vor das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen gezogen.
Am Donnerstag hat das Gericht sein Urteil gefällt, das erste überhaupt zur Grundsteuerreform in NRW. Darin gibt es den Gewerbe-Eigentümern Recht. Der Tenor des Gerichts: Steuerpflichtige müssen gleich behandelt werden, höhere Hebesätze für Gewerbe sind damit rechtswidrig. Die Steuerbescheide der vier Kläger werden damit aufgehoben.
Die Folgen sind aber noch deutlich weitreichender. Die betroffenen Städte müssen jetzt auf das Urteil reagieren, ihre Grundsteuer-Satzungen wohl anpassen.
Doch warum wurden die differenzierten Hebesätze überhaupt eingeführt? Mit der Unterscheidung zwischen Wohn- und Nicht-Wohneigentum sollen die Kommunen grundsätzlich die Möglichkeit bekommen, die Hebesätze „so auszutarieren, dass es nicht zu einer übermäßigen Belastung etwa der Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohnimmobilien kommt“, sagt die Finanzverwaltung NRW.
Fast jede dritte Kommune in NRW setzt laut der IHK aktuell auf die differenzierten Hebesätze, im nächsten Jahr könnten weitere folgen. Die IHK spricht von einem „steuerlichen Standortnachteil, den die heimische Wirtschaft im Hochsteuerland NRW sowieso schon hat“. Ihre Forderung: die Rückkehr zu einheitlichen Hebesätzen.
Sendung: WDR 2 Rhein und Ruhr, Lokalzeit, 04.12.2025, 12.31 Uhr
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