
In Gelsenkirchen ist es der Sozialdemokratie gemeinsam mit den örtlichen demokratischen Parteien gelungen, einem Rechtsruck im Rathaus entgegenzutreten. Doch der Verlust des Oberbürgermeister-Postens in Dortmund ist ein schwerer Schlag für die SPD.
IMAGO/Frank Ossenbrink
Torsten Burmester ist neuer Kölner Oberbürgermeister.
Wahlkrimi am Sonntagabend: Die Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen haben der SPD viele Erfolge, aber auch Verluste eingebracht. Am schwersten wiegt die historische Niederlage in Dortmund. Die Stadt wird oft die „Herzkammer der Sozialdemokratie“ genannt. Zum ersten Mal seit dem Jahr 1946 wird das Dortmunder Rathaus nicht mehr von einem Sozialdemokraten geführt werden.
Es war ein denkbar knappes Duell: Alexander Kalouti von der CDU fuhr 52,92 Prozent der Stimmen ein, der amtierende Oberbürgermeister Thomas Westphal verlor mit 47,08 Prozent. Im ersten Wahlgang hatte Westphal noch 10 Prozentpunkte vor seinem Herausforderer Kalouti gelegen mit 27,4 zu 17 Prozent.
Doch an sein starkes Ergebnis von 35,9 Prozent im Jahr 2020 war Westphal indes nicht herangekommen. Schließlich hat es bei den Stichwahlen nicht gereicht und die NRW-SPD muss den historischen Machtwechsel hinnehmen. „Es ist keine schöne Situation“ sagte Westphal nach der Wahl im Gespräch mit dem WDR. Er könne die Niederlage nicht aus der Welt schaffen und müsse mit ihr umgehen.
In Gelsenkirchen zieht die SPD-Bewerberin Andrea Henze mit 66,93 Prozent als Oberbürgermeisterin in Rathaus ein. Der Kandidat der AfD, Norbert Emmerich, hat in der Stichwahl 33,07 Prozent der Stimmen erhalten. Im Vorfeld war die Wahl in Gelsenkirchen aufmerksam beobachtet worden, weil dort erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik ein AfD-Kandidat das Rathaus hätte übernehmen können. Die lokalen Parteien, darunter CDU und Grüne, hatten sich hinter die SPD gestellt und aufgerufen, „die offene Gesellschaft zu verteidigen“.
Dabei hat diese politisch bedeutsame Richtungswahl deutlich mehr Menschen zu den Wahlurnen gelockt als die vergangene OB-Stichwahl in 2020: Die Wahlbeteiligung lag mit 43,63 Prozent deutlich über der von 26,58 Prozent im Jahr 2020. Die 49-jährige Sozialdemokratin Henze war bislang Sozialdezernentin der Stadt. Sie folgt auf Oberbürgermeisterin Karin Welge, die nach fünf Jahren im Amt nicht mehr kandidierte.
Um kurz nach 19 Uhr stand das amtliche Wahlergebnis in Duisburg fest: Oberbürgermeister Sören Link (SPD) gewann klar mit 78,5 Prozent gegen seinen Herausforderer von der AfD Carsten Groß, der 21,5 Prozent erreicht. Schon im ersten Wahlgang führte Link mit deutlichem Vorsprung (46 Prozent). Groß hatte im ersten Wahlgang knapp 20 Prozent erreicht.
Duisburg gilt als klassisches SPD-Gebiet im Westen des Ruhrgebiets. Link hat als „Klartext-Bürgermeister“ Reputation aufgebaut, indem er soziale Themen und die Integration in der weltoffenen Ruhrmetropole in den Mittelpunkt rückte. Er rechnet sich als großen Erfolg an, in seiner Amtszeit über eine Milliarde Schulden abgebaut zu haben. Er warb im Wahlkampf für Investitionen in Bildung, Sicherheit und Infrastruktur.
Alle Blicke waren am diesem Wahlabend auf die Domstadt gerichtet, wo Torsten Burmester für die SPD gegen die Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz von der Grünen angetreten ist. Nun ist klar: Das Kölner Rathaus wird rot. Burmester gewann die Stichwahl mit 53,78 Prozent, Aymaz holte 46,52 Prozent.
Burmester, ein erfolgreicher Sportfunktionär und erfahrener Ministerialbeamter erzielte im ersten Wahlgang 21,33 Prozent, knapp hinter Aymaz mit rund 28 Prozent. Nun ist die Hoffnung der Sozialdemokraten, nach mehr als einem Jahrzehnt wieder das Rathaus in Köln zu erobern, in Erfüllung gegangen.
Der Sozialdemokrat Jörg Lukat, der für ein Bündnis aus SPD und Grünen kandidierte, hat seinen CDU-Konkurrenten Andreas Bracke deutlich geschlagen. Er erhielt fast 65 Prozent der Stimmen der Wähler*innen. Lukat hat im Wahlkampf besonders auf die Themen Bildung, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit.
Der frühere Polizist hat zuletzt als Polizeipräsident die Polizei in Bochum und den Nachbarstädten geleitet und will sein Wissen über Sicherheitspolitik und Verwaltungsarbeit im Amt nutzen.
In Oberhausen hat sich Thorsten Berg für die SPD gegen Daniel Schranz (CDU) in der Stichwahl durchgesetzt. Er gewann das spannende Duell mit 51,4 Prozent zu 48,6 Prozent der Stimmen. Die Industriestadt ist traditionell eine SPD-Hochburg – allerdings reichte es für Berg in den Kommunalwahlen am 14. September nur für 31,1 Prozent. Seinem Konkurrenten von der CDU gelang mit einem Ergebnis von 35,9 Prozent ein leichter Vorsprung. Dieses Ergebnis hat Berg umgedreht. Er dankte den Genoss*innen in einem Video der WAZ am Wahlabend für „den Spitzenwahlkampf“
Berg, ein ausgewiesener Fachmann für Sozial- und Strukturpolitik, hat im Endspurt auf die klassische Arbeiterklientel gesetzt und sich klar zur Förderung von Wirtschaft und Klimaschutz bekannt.
Die Sozialdemokraten gewannen die Stichwahl zum Oberbürgermeisteramt auch im benachbarten Mülheim an der Ruhr. Die SPD-Bewerberin Nadia Khalaf zog nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen knapp an Amtsinhaber Marc Buchholz von der CDU vorbei. Einen klaren Sieg errang Miriam Scherff (SPD), die knapp drei Viertel der Stimmen einfuhr und neue Oberbürgermeisterin von Wuppertal wird.
In Solingen, wo Tim Kurzbach von der SPD im vergangenen Jahrzehnt regierte, hat der Sozialdemokrat Josef Neumann verloren – Daniel Flemm hat die Stichwahl mit 57,8 Prozent für sich entschieden. Eine Niederlage gab es auch in der Stadt Herford wo der bisherige Bürgermeister Tim Kähler hinter Anke Theisen von der CDU lag.
In mehr als 140 Kommunen waren Stichwahlen nötig, weil keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erringen konnte. Angetreten waren die zwei jeweils stärksten Wettbewerber der ersten Runde.
Zuerst erschienen auf demo-online.de
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.
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Uta Wagner/vorwärts
Am Sonntag schaut die SPD gespannt nach Köln. Denn die Partei könnte nach mehr als zehn Jahren mit Torsten Burmester das Rathaus in der Millionenstadt zurückerobern. Davon erhofft sie sich einen bundesweiten Auftrieb.
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