
Stellv. Red.-Leiter
Gelsenkirchen. Der ETuS Gelsenkirchen ist vielerlei Hinsicht ein bemerkenswerter Reitverein. Lange Zeit war sein Gelände bedroht. Nun gibt es neue Probleme.
Es ist ein kleiner Pfad in eine andere Welt. Zwischen Gewerbehallen, Wertstoffhof und Supermarkt führt eine Gasse neben einem großen blauen Tor dorthin, wo der Fischgeruch aus dem benachbarten Frischezentrum so langsam vom Stallgeruch verdrängt wird. Der Reitverein ETuS Gelsenkirchen 1996 hütet hier, an der Dessauerstraße in Gelsenkirchen-Ückendorf, sein „kleines Paradies“ und führt auch weniger wohlhabende Familien, die mitten im Betondschungel leben, an den Reitsport heran.
Lange schien dieses Paradies bedroht – weil das gesamte Gelände veräußert wurde, weil hier weiteres Gewerbe entstehen sollte. Die Hauptsorgen des Vereins sind aber derzeit andere.
Monika Patryas, die Chefin auf dieser Ückendorfer Reitsport-Insel, steht an diesem sonnigen März-Tag vor einem großen Schlammplatz. Zwei junge Vereinsmitglieder demonstrieren mit ihren Stiefeln, wie tief sie in dem Matsch versinken. Eigentlich ist das hier die Auslauffläche für die Pferde. Aber die hat schon bessere Tage gesehen.
„Es ist ohnehin schon so klein bei uns“, sagt Patryas. „Wenn du dann auch noch auf knapp 650 Quadratmeter Fläche verzichten musst, weil die Pferde sonst im Schlamm versinken würden – das ist natürlich ein Drama.“
Zwar sei die Fläche schon einmal vor einigen Jahren abgetragen und mit neuem Sand bedeckt worden, aber so etwas sei immer nur eine Brückenlösung für ein, zwei Saisons. „Um die Fläche dauerhaft und ganzjährig zu nutzen, müssen wir definitiv mehr machen“, betont die Vereinsgeschäftsführerin. „Es wird hier von Jahr zu Jahr schlechter!“ Notwendig sei es, Drainagen zu verlegen und die Fläche fachmännisch zu sanieren. „Wir brauchen definitiv Hilfe!“
Die Kosten dafür: mindestens 10.000 Euro. „Geld, das unser kleiner Reitverein kaum aufbringen kann“, sagt Patryas. Und damit ist der ETuS noch lange nicht bei den maroden Holzzäunen, die mehr und mehr von der Erosion an der Böschung erdrückt werden, die Wertstoffhof und Vereinsgelände trennt. Sanierungsbedarf gibt es also an mehreren Stellen. „Wir wollen alles geben, um die Anlage zu erhalten und zu verbessern“, sagt Patryas, die den Verein am liebsten sogar groß ausbauen würde.
Der Bedarf dafür wäre da: Knapp 120 Mitglieder hat der Verein, etwa 65 stehen auf der Warteliste. Und auch die Fläche ist da. Theoretisch. Direkt nebenan, auf dem ehemaligen Sportplatz der Namensvettern vom ETuS Gelsenkirchen 1934 e.V. Womit man bei dem Thema wäre, das den Reiterhof die vergangenen Jahre mehrmals in die Schlagzeilen gebracht hatte.
Das Gelände ist nicht weniger als ein Politikum. Die Gelsenkirchener Grünen hatten es 2022 sogar als ihr wichtigstes Ziel formuliert, für die Zukunft der Fläche einen friedlichen Kompromiss zu finden. Hitzig diskutiert wurde damals über den Standort, weil einerseits die Idee im Raum stand, hier Gewerbehallen entstehen zu lassen, andererseits aber der Reitverein aufgrund der Pläne um seine Existenz bangte. Dazwischen: verärgerte Einzelhändler, beunruhigte Anwohner, aufgebrachte Klimaschützer. Ein Potpourri an Interessen.
Und dann gab es eben auch noch das Kapitel mit den Fußballern vom ETuS 1934 e.V., die einst in Nachbarschaft des gleichnamigen Reitvereins auf dem mittlerweile leer gezogenen Sportplatz spielten, die aber mittlerweile zur SG Eintracht Gelsenkirchen 07/12 e. V. ins Südstadion gezogen sind. Ein Ort wohlgemerkt, über den unsere Redaktion in den vergangenen Jahren ebenfalls viele Schlagzeilen produzieren musste – weil sich die Sanierung des zerfallenen, eingezäunten Stadions zu einer regelrechten Posse entwickelt hatte.
Für die alte Heimat der Fußballer bzw. die aktuelle Heimat der Reiter jedenfalls suchte der damalige Besitzer, das Bundeseigenbahnvermögen, vor drei Jahren einen Käufer. Bis der gefunden wurde, dauerte es dann aber weitere zwei Jahre. Seitdem überweisen die Reiter ihre Miete jeden Monat an eine Immobilienagentur aus Essen. Was die nun mit dem Gelände vorhat? Das wissen selbst die Reiter noch immer nicht so ganz.
„Ein halbes Jahr nach dem Kauf hatte man mit uns Kontakt aufgenommen“, sagt Patryas. Erst habe man negativere, dann positive Signale über die Zukunft des Reitvereins hier in Ückendorf vernommen. Wirklich berechenbar sei allerdings weiterhin nicht, was in Zukunft wirklich mit dem ETuS passieren soll, der seinen Mietvertrag im Halbjahres-Rhythmus gekündigt bekommen kann.
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Die Reiter jedenfalls hoffen weiterhin auf das Beste. Und sie wollen sich jetzt erst einmal um die Probleme kümmern, die nicht nur Eventualitäten der Zukunft sind. Man steckt ja tief genug in der Matsche.
Wer dem Verein helfen möchte, kann sich melden unter: monika.patryas@rv-etus-ge.de
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