
Seit etwas mehr als einem Jahr tauscht diese 17-Jährige aus Buer regelmäßig einmal pro Woche Klassenraum gegen Hörsaal, Gelsenkirchen gegen Münster, Englisch gegen Rechtswissenschaft, nur ein WG-Zimmer hat sie noch nicht: Lina Busch ist eine besondere Schülerin – und eine besondere Studentin. Wir sind mit ihr an einem Freitagnachmittag nach Schulschluss in einem Café in der buerschen Innenstadt verabredet. Als allererstes müssen wir ihr die wohl wichtigste Frage stellen: Warum macht sie das eigentlich?
Freilich ist Linas erste Reaktion auf diese Frage: ein Lachen. Im weiteren Gespräch wird klar: Sie macht ihr Junior-Studium im Rahmen der „Junior-Uni“ nicht nur mit Freude, sie lebt dafür. Auch ein Grund für ihre hohe Motivation, sagt sie. Es ist ganz einfach: „Ich möchte dieses Studium so unglaublich gerne machen und in dieser Stadt leben“, schwärmt Lina.
Zum Wintersemester 24/25, Lina besucht damals die elfte Klasse beziehungsweise die Einführungsphase am Max-Planck-Gymnasium (MPG), hat sie ihr Junior-Studium an der Uni Münster begonnen: „Dass ich Jura studieren möchte, weiß ich schon sehr lange, ungefähr seit der achten Klasse.“ Lina macht es Spaß zu diskutieren und zu argumentieren, erzählt sie, „ich hatte irgendwie immer eine starke Meinung“, fügt die derzeitige MPG-Schülersprecherin noch hinzu.
Und wie geht das ganz praktisch? Das MPG stellt Lina für einen kompletten Tag vom Unterricht frei, aktuell ist es der Dienstag. Dann nimmt die Bueranerin den Zug nach Münster und zwei Stunden Fahrtzeit pro Strecke auf sich, um echte Studentenluft zu schnuppern und Studien-Erfahrungen zu sammeln. Ihr erster Kurs: Handelsrecht, darin schreibt sie sogar eine Hausarbeit. „Eigentlich ist das ein Kurs fürs fünfte Semester“, erzählt Lina. Dank guter Vorbereitung in den Sommerferien sei sie gut klargekommen.
Und doch: Echtes wissenschaftliches Arbeiten stand ihr damals bevor, aber wie geht das? Durch ein Projekt an ihrer Schule habe sie schon ein bisschen davon mitbekommen, aber wie funktioniert eine Universitätsbibliothek, wie kommt man an die passende Literatur, die für eine Hausarbeit unverzichtbar ist? „Vieles konnte ich mir selbst aneignen“, erinnert sich die Schülerin, Videos und Bücher hätten ihr geholfen. Gleichzeitig hat sie eine feste Ansprechpartnerin vor Ort, die ihr bei Fragen weiterhilft.
Das Besondere an der „Junior-Uni“ ist aber nicht nur, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unverfälschte Eindrücke bekommen können, sondern auch: dass sie die Chance erhalten, freiwillig Prüfungen abzulegen. Diese Leistungen kann sich Lina für ihr späteres Studium anrechnen lassen – fällt sie durch, hat das hingegen keine Konsequenzen. Ein wichtiger Punkt, der Lina den Druck genommen hat.
Dass sie viel Zeit, auch freie Zeit investiert, macht der jungen Frau indes nichts aus. Und auch ihre Freundinnen und Freunde müssen nicht übermäßig auf sie verzichten, da winkt sie sofort ab. Allerdings: Wenn die Klausurenphase an der Schule und die Abgabe einer Hausarbeit zusammenfallen, sitzt sie auch schon mal bis spät am Abend am Schreibtisch. „Ich habe das Gefühl, dass ich damit nur gewinnen kann und ich finde, dass die Zeit sehr gut investiert ist“, ist Lina überzeugt.
Was die Schulnoten angeht, ist sie außerdem ja auch noch richtig gut. Die Auswahlgrenze für das Studium der Rechtswissenschaften (zum Wintersemester 25/26 lag sie bei 1,6) hat sie locker unterschritten, so viel verrät sie.
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„Ich habe sehr viel Respekt vor dem Studiengang, er ist sehr lernintensiv, das darf man nicht unterschätzen“, sagt die angehende Abiturientin. Aber: „Jeder Schritt in diese Richtung hat mich immer mehr in meiner Entscheidung bestätigt“, fügt Lina Busch noch hinzu. Dankbar sei sie für all diese Erfahrungen, die sie machen darf. Und auch für die Unterstützung ihrer Eltern („Sie möchten nur, dass es mir mit dieser Sache gut geht“) und seitens des MPG („Es wird mir von meinen Lehrern leicht gemacht“).
Könnte Lina denn überhaupt noch etwas davon abhalten, nach dem Abitur an der juristischen Fakultät in Münster (sie genießt übrigens einen sehr guten Ruf) zu studieren? „Wenig“, antwortet die 17-Jährige prompt. Sie freue sich schließlich schon auf das Studentenleben, von dem sie derzeit außerhalb ihrer Kurse und Vorlesungen noch nicht allzu viel mitbekommt. Ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen reagieren ganz gelassen auf ihre junge Mit-Studentin – „ich falle nicht so wirklich auf“, berichtet Lina weiter.
Auf das Ergebnis ihrer Hausarbeit hat Lina übrigens drei Monate gewartet – die beste Punktzahl, die sie hätte erreichen können, liegt zwischen zehn und zwölf (vollbefriedigend), es folgen sieben bis neun Punkte (befriedigend) und vier bis sechs Punkte (ausreichend). „Mit vier Punkten hat man eine Hausarbeit oder Prüfung bestanden und die oberen Punkte werden in Jura oft gar nicht erreicht“, erklärt sie. „Ich habe beim Schreiben der Hausarbeit ehrlich gesagt mit gar nichts gerechnet“ – umso größer sei die Freude über sieben richtig gute Punkte dann auch gewesen.
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