
Redakteurin Lokal
Gelsenkirchen. Giuseppe aus Gelsenkirchen hat Blutkrebs, ist erst seit wenigen Wochen stolzer, großer Bruder und steht kurz vor einer Stammzelltransplantation.
Es ist bereits mehrere Monate her, doch die Zeit für die Horster Familie Mancuso ist vergangen wie im Flug, freilich mit einer Menge Turbulenzen: Der kleine Giuseppe (7) bekommt im November 2024 die Diagnose Akute Leukämie, der Familie wird urplötzlich der Boden unter den Füßen weggerissen. Zwei Monate später, Mitte Januar 2025, bitten die Mancusos dringend um Hilfe, um Giuseppes genetischen Zwilling und eine lebensrettende Stammzellspende ausfindig zu machen. Die Resonanz ist überwältigend: An der Typisierungsaktion im Gelsenkirchener Sportparadies beteiligen sich mehr als 2500 Menschen. Wenige Tage später folgt dann die gute Nachricht: Ein passender Spender konnte gefunden werden. Und jetzt, Mitte April? Wie geht es Giuseppe, wie geht es seinen Eltern? Und vor allem: Ist der Siebenjährige mittlerweile nicht längst schon zum großen, liebevollen Bruder geworden?
„Er kümmert sich um alles, er nimmt sie auf den Arm, er wickelt sie, er nimmt seine Rolle sehr ernst“, berichtet Giuseppes Vater Salvatore Mancuso, als wir ihn am Telefon erreichen. Emilia ist am 22. März auf die Welt gekommen und sei „gesund und munter“, wie Papa Salvatore es beschreibt. Regelrecht „aufgeblüht“ sei der Kleine, nachdem seine lang erwartete Schwester endlich da war, das habe ihn „sehr motiviert und gepusht“, weiterzukämpfen. Überhaupt hat die Geburt dieses winzigen Menschen der gesamten Familie einen regelrechten Schub verliehen – den sie sogar anfangs ganz und gar zu viert genießen konnte.
Die vergangenen Wochen waren für die Mancusos eine sehr schwierige Zeit: Immer wieder musste Giuseppe ins Krankenhaus, kämpfte mit ständigen Nebenwirkungen seiner Chemotherapie, sein Immunsystem ist dermaßen heruntergefahren, dass Krankheitserreger wie beispielsweise Keime leichtes Spiel hatten und haben.
Derzeit befindet sich Giuseppe in Isolation – was eigentlich traurig klingt, hat einen freudigen Hintergrund: Genau einen Monat nach der Geburt seiner Schwester, am 22. April also, wird die lang herbei gewünschte Stammzelltransplantation starten. Die Vorbereitungen dafür sind strapaziös – denn Giuseppe muss noch einmal eine Chemotherapie über sich ergehen lassen, die aber nach Angaben von Papa Salvatore Mancuso zehnmal stärker ist als die vorherige Therapie.
Und auch da gab es im Vorfeld der eigentlichen Transplantation erneut eine Zitterpartie für die Familie: Die Spenderin oder der Spender mussten sich im Vorfeld umfangreichen Untersuchungen unterziehen. Salvatore Mancuso berichtet, dass es kurzzeitig den Verdacht auf einen Herzfehler beim Spender gegeben habe – „das war die Hölle. Gott sei Dank war es ein falscher Alarm“, erinnert sich der 38-Jährige.
Die ganze Aufregung um diesen Umstand war so gesehen „Glück im Unglück“, wie Giuseppes Vater es nennt. Denn dadurch verzögerte sich die Stammzellspende um die entscheidenden Tage, an denen Giuseppe seine Schwester Emilia und die ganze Familie das Leben zu Viert kennenlernen konnte. Schon jetzt freut sich Giuseppe sehr auf die Zeit nach der Isolation, darauf, wieder ein normaler Junge und ganz großer Bruder sein zu können, berichtet sein Vater.
Wie extrem, wie einschneidend Krankheit und Diagnose sind und waren, zeigt sich auch daran: Salvatore Mancuso und seine Frau Melanie haben gemeinsam mit Emilia ein neues Zuhause auf Zeit bezogen. In unmittelbarer Nähe zum Universitätsklinikum Essen (hier wird Giuseppe derzeit behandelt) haben sie im „Elternhaus“ eine kleine Wohnung bekommen. Nur 300 bis 400 Meter entfernt sind die Eltern sofort zur Stelle, wenn sie gebraucht werden, und müssen nicht lange Pendelwege zum Krankenhaus auf sich nehmen. Den Großteil des Tages verbringen Melanie und Salvatore Mancuso immer abwechselnd und in Schutzkleidung jedoch bei ihrem Sohn. „Meistens ruft Giuseppe mich nachts gegen 3 oder 4 Uhr an, wenn er wach wird, dann mache ich mich sofort auf den Weg zu ihm“, berichtet Mancuso. Dank des Elternhauses ist er dann innerhalb weniger Minuten bei ihm.
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Nach dem so entscheidenden 22. April, nach der Transplantation, ist noch längst nicht alles gut, heißt es dann wieder: warten. Denn zunächst müssen 30 Tage vergehen, in denen geschaut wird, ob Giuseppes Körper die Stammzellspende überhaupt akzeptiert. Salvatore Mancuso erklärt das konkrete Vorgehen während der Transplantation ganz kindgerecht so: „Die Zellen werden so gesehen schlafend über einen Tropf in eine Körpervene übertragen. Peu à peu werden sie dann mithilfe von Medikamenten wieder geweckt.“ So sei die Gefahr reduziert, dass die neuen Zellen Giuseppes Körper angreifen.
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„Herausfordernd und schwierig“ nennt der Familienvater die letzte Zeit in der Rückschau, und er sagt diesen Satz: „Wir funktionieren für ihn.“ Getragen werden sie dabei weiterhin von der Familie, erfahren sehr viel Unterstützung und Entlastung. Jetzt, in der akuten Isolations-Phase sei das zum Schutz Giuseppes vor Infektionen nicht mehr so intensiv möglich, so Salvatore Mancuso. Viele Menschen, die Giuseppe und die Mancusos gar nicht persönlich kennen, nehmen ebenfalls großen Anteil an ihrem Schicksal. Auch dieser Zuspruch tue unheimlich gut.
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